15. Berliner psychiatrisch-religionswissenschaftliches Colloquium des vpsg

Unter dem Titel „Religion, seelische Gesundheit und Integration nach Migration und Flucht“ fand am 29. November 2024 das mittlerweile 15. psychiatrisch-wissenschaftliche Colloquium des vpsg im Gemeindehaus der Ev. Gemeinde Berlin-Dahlem statt. Frühzeitig ausgebucht zählte die Veranstaltung über 180 Teilnehmer aus Psychiatrie, Psychotherapie, diversen Religionsbereichen sowie interessierten Patienten und ihren Angehörigen und war damit eine der bestbesuchten Veranstaltungen in der Geschichte des vpsg. Verantwortlich für Organisation und Durchführung war wie bei allen Colloquien der vergangenen Jahre der „Arbeitskreis Religion und Psychiatrie“ im Verein für Psychiatrie und seelische Gesundheit.

Der Tagungsort hatte zudem seine besondere Aura – vor 90 Jahren, im Oktober 1934, fand hier die 2. Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche statt, hier wurden mutige Synodalbeschlüsse der Bekennenden Kirche gefasst.

Einladung und Tagungsprogramm

In den Grußworten zum Colloquium von Dr. Iris Hauth (Vorstandsvorsitzende Gesundheitsstadt Berlin), von Katharina Niewiedzal (Integrationsbeauftragte des Berliner Senats), von Frank Schabe (Beauftragter der Bunderegierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit) und von Dr. Ibrahim Rüschoff (DGPPN-Referat „Religion und Spiritualität“) kam die große Bedeutung des interreligiösen Dialoges, gerade in Verbindung mit Fragen zur seelischen Gesundheit zum Ausdruck.

Der 1. Teil des Colloqiums beinhaltete die beeindruckenden Vorträge des Religionssoziologen Prof. Alexander K. Nagel, der engagierten Pfarrerin der gastgebenden Dahlemer Gemeinde Dr. Cornelia Kulawik, des Imams Ender Cetin und der Radio-Kommentatorin Paulina Fröhlich.

Hier können Sie die Videoaufzeichnung der Grußworte und des 1. Teils des Colloqiums ansehen, die einzelnen Redebeiträge sind in der Legende („mehr anzeigen“) anwählbar.

Im 2. Teil zog das Leitreferat von Prof. Jan Kizilhan über die „Verarbeitung von Pogrom und Trauma“ die Zuhörer regelrecht in Bann. Kizilhan ist selbst Jezide und hat 2017 über 700 traumatisierte Jezidinnen in einem Sonderaufnahmeprogramm nach Baden-Württemberg bringen können. Die Anteilnahme der Zuhörer äußerte sich in lang anhaltenden Beifall nach dem Vortrag.

Mit den anschließenden Statements aus jüdischer und muslimischer Sicht wurde ein sehr besonderer Dialog eröffnet, der sicher fortsetzungsbedürftig ist. Die Vielfalt der Informationen und Eindrücke hat wohl die meisten Teilnehmer für das kleine Manko der Veranstaltung entschädigt, dass durch die Vielzahl der Referenten insgesamt wenig Zeit zur unmittelbaren Beteiligung des Auditoriums blieb und der Austausch wesentlich auf die Pausengespräche und das Abschluß-Buffet verlegt wurde.

Nicht unerwähnt bleiben soll die den Colloquiumsteil abschließende Musik-Performance, die mit Tabla, Hang, Gesang und Pfeifkunst in die spirituelle Welt des ferneren Osten führte. Sie bildete einen quasi musikalisch „heilenden“ Gegensatz zu den vielen Wortbeiträgen und fand regelrecht Begeisterung.

Hier können Sie die Videoaufzeichnung des 2. Teils des Colloqiums ansehen, die einzelnen Redebeiträge sind in der Legende („mehr anzeigen“) anwählbar.

Die Lesung von Navid Kermani, der eine Erinnerung an die verstorbene vpsg-Kollegin und Arbeitskreis Mitbegründerin Hadice Ayhan vorausging, hatte dann einen ganz eigenen Charakter. Der frisch gekürte Thomas-Mann-Preis-Träger Kermani zählt zu den führenden Intellektuellen Deutschlands; als familiär aus dem Iran stammender Moslem steht er vehement für den Ausgleich von Orient und Occident. Die Lesung mit Texten, zuletzt aus Ostafrika, sowie aus vorangegangenen Werken zum Thema des Colloqiums beeindruckten sehr.

Die abschließende Podiumsdiskussion mit Prof. Andreas Heinz (Direktor Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charite Mitte), Navid Kermani und der Religionswissenschaftlerin Prof. Susanne Gödde (FU Berlin), moderiert von Dr. Norbert Mönter, führten das Thema der Tagung nochmals auf den Sachverhalt kollektiver und transgenerationaler Traumatisierung und den nachdenklichen Punkt neue Wege zu deren Bearbeitung/Überwindung zu suchen.

Eine Videoaufzeichnung der Lesung von Navid Kermani und der abschließenden Podiumsdiskussion finden Sie hier. Aus urheberrechtlichen Gründen ist dieses Video passwortgeschützt. Teilnehmende des Colloqiums können dieses bei Dr. N. Mönter (s.u.) erhalten.

Anfragen zu Vortragsmanuskripten, nicht alle sind verfügbar, bitte per mail: dr.moenter@psychiatrie-in-berlin.de

Dr. N. Mönter, S. Frühauf

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